Raus aus der Erziehung, rein in die Beziehung (Teil 3)

Lernen braucht Zeit und Raum. Lernen passiert nicht, indem wir einem Kind häufig sagen, was es zu tun und zu lassen hat. Lernen passiert aus einem Menschen selbst heraus.

Wir leben in einer Zeit, die sich aufgrund verschiedener Faktoren (z. B. durch rasante Technologisierung, durch veränderte Rollenbilder, …) durch Schnelllebigkeit auszeichnet.

In unserem Buch erklärt die Zukunftsforscherin Aileen wie wir dorthin gelangt sind und wie unsere derzeitige Welt in Begriffen buchstäblich greifbar gemacht werden kann! Mit anderen Worten: Wir als Eltern haben ständig viel zu tun, eigentlich ständig zu viel zu tun. Daher kommt häufig unser Bedürfnis danach, dass unsere Kinder funktionieren, schnell selbstständig werden.

Das Problem dabei:

Unser Blick ist gefärbt und wir verkennen manchmal, wie ein Mensch sich entwickelt. Lernen braucht Zeit und Raum. Lernen passiert nicht, indem wir einem Kind häufig sagen, was es zu tun und zu lassen hat. Lernen passiert aus einem Menschen selbst heraus.

Was bedeutet das? Schauen wir uns ein Alltagsbeispiel genauer an:

Vorausschauend Lernen ermöglichen anstatt gepanzert entnervt sein

Situation:

In letzter Zeit lässt der 6jährige Florian seinen Vater nicht gehen. Heute muss der Vater wieder los und dem Vater graut es schon vor dem Abschied. Florian will wieder nicht, dass er gehst. Er weint und klammert sich an seinem Vater. 

Antworten im Erziehungs-Paradigma:

Der Vater sagt genervt: "Ich muss jetzt gehen. Lass mich jetzt gehen." 

Antworten im Beziehungs-Paradigma:

Der Vater weiß, dass es Florian gerade schwer fällt, von ihm Abschied zu nehmen. Der Vater überlegt im Vorhinein: Wie kann ich Florian helfen, von mir Abschied zu nehmen. Was braucht er? Verbringe ich zu wenig Zeit mit ihm? Was steckt dahinter? Kann ich den Moment des Abschiednehmens anders gestalten? Am Abend vorher bespricht er die Situation mit ihm, das könnte so ablaufen:

"Florian, morgen werde ich wieder zur Arbeit gehen. Was können wir tun, damit du von mir Abschied nehmen kannst?"

"Ich will nicht, dass du gehst. Ich will, dass du bei mir bist."

"Ja, du möchtest bei mir sein. Das wäre schön, wenn wir immer zusammen sein könnten." "Ja." Es entsteht eine Redepause, in der der Vater einfach da ist und sich mit seinem Kind emotional verbindet. Er spürt das Traurigsein seines Kindes

Florian: "Aber du musst zur Arbeit?"

"Ja."

"Kannst du nicht morgen bei mir bleiben?"

Der Vater schüttelt leicht und mitfühlend den Kopf. Die beiden sind verbunden in der Trauer darum, dass sie sich morgen wieder trennen müssen.

Eine halbe Stunde bevor der Vater gehen muss, erinnert er Florian daran: "Florian, ich werde gleich gehen." 

Gerade bei Verhaltensweisen, die Kinder in “ihrem Alter eigentlich schon können müssten”, neigen wir dazu, genervt zu sein. Hier können wir wieder hinter das Verhalten schauen. Was braucht mein Kind? Wie kann ich das, was es braucht in anderen Situationen stillen?

Im nächsten Blogeintrag erfährst, welche Fragen und Gedanken mir selbst immer wieder helfen, wenn ich genervt, gestresst, überfordert oder verärgert bin….

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