Raus aus der Erziehung, rein in die Beziehung (Teil 1)
Es geht mir darum, dass wir uns selbst tiefer begreifen.
Schauen wir uns mal konkret ein paar Alltagsbeispiele an. Alle sind so passiert, ich habe sie selbst erlebt oder in meiner Beratung mit Fachkräften und Eltern reflektiert.
Jedes Beispiel wird dir so oder so ähnlich aus deinem Alltag bekannt vorkommen, übertrage die Beispiele auf deinen Alltag, so wie sie dir hilfreich erscheinen. An jedes Beispiel schließt sich eine beispielhafte Reaktion in einem alten, top-down und in einem beziehungsorientierten Paradigma an.
Oft erwischen wir uns bei dem Gedanken: „Das funktioniert ohnehin nicht, bei meinem Kind nicht.“
Nimm das bewusst wahr, vielleicht bist du gerade nicht für eine veränderte Denkhaltung offen, weil du gerade etwas anderes benötigst. Genau darum geht es eben: Es geht mir darum, dass wir uns selbst tiefer begreifen. Wenn wir uns selbst begreifen, ist es uns möglich unsere Erlebniswelt zu trennen von der unserer Kinder und wir können einfühlsamer und präsenter bei unseren Kindern sein.
Nahbar mitfühlen, anstatt Emotionen kleinreden.
Die Situation:
Michaela kommt vom Ballett nach Hause. Sie sagt: „Carla hat gesagt, ich sei zu fett, um richtig Ballett zu tanzen.“
Antworten im alten Erziehungs-Paradigma:
Die Mutter sagt: „Das stimmt doch gar nicht, nimm sie nicht so ernst. Du bist doch nicht zu fett!?“
Carla hört: So wie ich fühle, ist nicht in Ordnung. Ich bin falsch.
Antworten im Beziehungs-Paradigma:
Die Mutter sagt: „Mmh. Carla hat zu dir gesagt, du seist zu dick. Ich erinnere mich: Als ich in deinem Alter war, hat mir das auch jemand gesagt. Das tut richtig weh. Und das hat mich wütend gemacht. Und dann habe ich gedacht: Menschen sagen manchmal Dinge, die gar nicht stimmen. Was denkst du darüber?“
Weniger reden, mehr Dasein.
Situation:
Leonie weint: „Die Anderen sind so unfair, sie lassen mich nicht mitspielen. Immer grenzen sie mich aus.“
Antworten im Erziehungs-Paradigma:
Der Vater beschwichtigt: „Ja, ist doch nicht so schlimm, dann spiel etwas anderes. Schau mal, du kannst doch mal auf das Klettergerüst, das machst du doch sonst so gerne. Du wolltest unbedingt Klettern heute...“
Antworten im Beziehungs-Paradigma:
„Mmh..., ja, ich verstehe“, der Vater nickt und lächelt, schaut Leonie in die Augen. Der Vater ist präsent und gibt Leonie Raum für ihr emotionales Erleben. Er bewertet nicht, beschwichtigt nicht, löst das Problem nicht. Er begleitet den emotionalen Sturm. Er redet kaum, er erklärt Leonie nicht ihr Erleben, das kann sie nur selbst. Der Vater ist einfach da.
In beiden Beispielen schaffen es die Eltern im Sinne der Beziehungsorientierung, mit ihrer Gefühlswelt bei ihren Kindern zu sein. Das ist auch deshalb wichtig, weil Kinder noch lernen dürfen, herausfordernde Gefühle zu regulieren.
Wir als Eltern dürfen sie an die Hand nehmen und ihnen sinnvolle Verhaltensstrategien an die Hand geben, wie sie mit herausfordernden Situationen umgehen können.
Noch mehr Beispiele? …Im nächsten Blogartikel und in unserem Buch findest du noch mehr.